Rationalität oder die Frage, wie wir vernünftigerweise handeln sollen, ist das Grundthema sowohl der praktischen Philosophie (praktische Vernunft) als auch der Wirtschaftstheorie (Ökonomische Rationalität). In einer modernen Wirtschaftsethik kommt es auf die methodische Vermittlung der wirkungsmächtigen Ökonomischen Rationalität mit ethisch-praktischer Vernunft an: Die Ökonomische Rationalität, deren lebenspraktische Effekte immer häufiger unvernünftig sind, muss selbst "zur Vernunft" gebracht werden. Der Beitrag konzentriert sich auf die wirtschaftstheoretischen Voraussetzungen und Möglichkeiten eines solchen Brückenschlags. Er zeichnet die Entwicklungslinien des Ökonomischen Rationalitätsverständnisses bis zu dem aktuellen Wendepunkt nach, an dem die Ökonomische Theorie aus ihrer eigenen Rationalität heraus auf ihre notwendige Wiedereinbettung in die philosophische Ethik verweist (Teil I). Die postulierte sprachpragmatische Wendung der Ökonomischen Rationalität wird am Beispiel ihrer praktischen Konsequenzen für die Unternehmensethik veranschaulicht (Teil II).
Dieser zuerst in der Paper-Reihe "Berichte des Instituts für Wirtschaftsethik er Universität St. Gallen" als Nr. 19 (1987) erschienene Beitrag ist technisch nicht mehr rekonstruierbar. Eine gekürzte Fassun ist erschienen unter dem Titel "Die Weiterentwicklung der ökonomischen Rationalität - Zur Grundlegung der Ethik der Unternehmung", in: Biervert, B./Held, M. (Hrsg.), Ökonomische Theorie und Ethik. Frankfurt a. M. : Campus Verlag, 1987, S. 122-149. - ISBN 3-593-33827-0.
Es gibt Aufgaben, die lassen sich fast nicht wahrhaftig und sachgerecht erfüllen, ohne dass genau dies heftigste Kritik vonseiten "betroffener" Partikulärinteressen auslöst. Was bedeutet das für eine akademische Wirtschaftsethik, die sich im öffentlichen Vernunftgebrauch (Kant) ohne Reflexionssstopp vor mächtigen Interessen auf die Praxis einlässt?
Angesichts der Finanzkrise wurde zwar weithin zugestanden, dass es sich um eine "systemische Krise" handle, aber die normative Grundausrichtung des Wirtschaftssystems blieb (bis zur jüngsten "Occupy"-Bewegung) unhinterfragt. Der Wirtschaftsethik kommt die bedeutsame Aufgabe zu, die der systemischen Krise möglicherweise zugrunde liegende normative Orientierungskrise auszuleuchten. Das wird an zwei exemplarischen Brennpunkten illustriert: am unternehmensethischen Brennpunkt des Gewinnmaximierungsdenkens und am ordnungsethischen Brennpunkt der Finanzmarktverfassung.