"Ja, aber mit Auflagen" sagt der Wirtschaftsethiker Peter Ulrich zur Frage, ob Firmen sich trotz Menschenrechtsverletzungen in China engagieren sollen.
In seiner Dissertation hat der Autor das Postulat der "sozialen Verantwortung der Unternehmung" als Symptom dafür gedeutet, dass das (wirtschafts-)liberale Grundaxiom der Harmonie zwischen Einzel- und Gesamtinteressen überholt ist. Er sieht die Grossunternehmung als multifunktionale Institution, die - ausser bezüglich ihrer eigentumsrechtlichen Basis - keine Privatangelegenheit, sondern öffentlich und politisch relevant ist und einer entsprechenden Verfassung bedarf. Diese begründet er im Unterschied zur damaligen deutschen Debatte weniger aus dem Innenverhältnis zwischen Kapital und Arbeit (Mitbestimmung) als vielmehr aus den gesellschaftlichen Legitimations- und Funktionsbedingungen der Unternehmung.
Peter Ulrich, Professor für Wirtschaftsethik an der Universität St. Gallen HSG, hat gegen die Globalisierung an sich nichts einzuwenden. Am Jahresvortrag des Industrie-Vereins der Region Frauenfeld und des Gewerbevereins Frauenfeld forderte er aber eine umfassende Globalisierung: In weltweit vernetzten Märkten müssten immer auch soziale Werte übergreifend anerkannt werden.
[Lead] Der Wirtschaftsethiker Peter Ulrich hat jahrelang die Finanzindustrie kritisiert. Die 2008 ausgelöste Krise gab ihm recht. Heute engagiert er sich für die Entmachtung der Banken.
Die gegenwärtige Krise ist nicht nur in ihren Auswirkungen, sondern auch ursächlich zu wesentlichen Teilen Ausdruck einer Verteilungskrise. Vom Produktivitätsfortschritt hat in den vergangenen Jahrzehnten nur ein sehr kleiner Teil der Bevölkerung profitiert, während immer mehr Menschen unter prekären Arbeits- und Einkommenssituationen leiden. Auch in der Schweiz hat die soziale Ungleichheit zugenommen. Die sinkende Kaufkraft schlägt auf die Konsumneigung und das Wachstum durch, die Sozialausgaben steigen und aus braven Bürgerinnen und Bürgern werden Empörte.
- Wie hängen soziale Ungleichheit und Wirtschaftskrisen zusammen?
- Was stimmt nicht mehr am Verhältnis von Bürgergesellschaft und Marktwirtschaft und wie lässt es sich trotz des globalen Standortwettbewerbs wieder in Ordnung bringen?