Der Vizedirektor des Instituts für Wirtschaftsethik an der Universität St. Gallen, Ulrich Thielemann, kritisiert im Gespräch mit swissinfo die Praxis der hohen Bonus-Anreize und die fehlende Regelung der Finanzmärkte.
Das gegenwärtige Bemühen um eine ökologisch orientierte Betriebswirtschaftslehre und die damit verbundene Suche nach Möglichkeiten einer ökologischen Unternehmenspolitik setzen stillschweigend voraus, dass die Unternehmung überhaupt als ökologischer Akteur vorgestellt werden kann. Bei näherem Hinsehen erweist sich diese Hintergrundannahme jedoch als problematisch: Rein betriebswirtschaftliche Argumentationen können eine ökologische Orientierung der Unternehmung prinzipiell nicht begründen (2.1). Rein personalistische Begründungsansätze sind aber dem Gegenstand gegenüber unterkomplex und verfehlen das Betriebswirtschaftliche an der Unternehmung (2.2). Dies ist Anlass, mit Erich Gutenberg der Unternehmung auf den (normativen) Grund zu gehen, die von betriebswirtschaftlichem Denken bewegt wird und dieses wiederum bewegt. Dabei zeigt sich, dass die Unternehmung idealtypisch als vollkommene Verkörperung reiner kalkulatorischer Vernunft und das heisst: subjektlos konzipiert wird (3.1). Für diese Sichtweise lassen sich durchaus empirische Indizien auffinden. Die Gutenbergsche Theorie der Unternehmung ist also nach wie vor durchaus realistisch.(3.2) Subjektivität ist aber für eine ökologische Unternehmenspolitik und -ethik vorauszusetzen. Daher stellt sich das Problem, wie eine ökologische Ausrichtung unternehmerischen Handelns Bestandteil der Unternehmenspolitik werden soll, verschärft: als Sachzwang. In der Beantwortung der Frage, wie mit den für hochkomplexe Industriegesellschaften typischen Sachzwängen umgegangen wird, scheidet sich zunehmend aufgeklärtes von weniger aufgeklärtem Management. Letzterem entspricht auf der Reflexionsebene untemehmerischen Handelns, also in der Theorie, sowohl der rein betriebswirtschaftliche Begründungsansatz, der implizit die gegebene Sachzwangstruktur normativ überhöht und damit der Metaphysik des "Systemgeistes" erliegt, als auch der rein personalistische Ansatz, der meint, alle Sachzwänge liessen sich als blosse "Denkzwänge" (P. Ulrich) entlarven (4.).